Dienstag, 14. Februar 2012

Danke Willi

Nachdem ich meine Skating-Ski bei ski-willi.at bezogen hatte, war es nur fol­gerichtig, dass der Ski-Trainer, der mir heute in zwei individuellen Übungs­stunden gegen eine ordentliche Obole von 84 € das Skaten beizubringen hatte, auf den schönen Namen Willi hörte.
Der Name ist durchaus positiv konnotiert. Onkel Willi, als Bruder von Oma Grete eigentlich Großonkel, war Inhaber einer Bäckerei in Schönebeck-Salzel­men. Bei Familienfestivitäten in Eggersdorf, die meist von Onkel Alfred, sei­nem Bruder und so eigentlich auch Großonkel, ausgetragen wurden, nahm uns Onkel Willi stets am Schönebecker Bahnhof in Empfang, um uns, je nach Kopfzahl, in ein oder zwei Fuhren in seinem Mossie (sowjetische Automobil­marke Moskwitch: kleiner als Wolga und hässlicher als Lada) dorthin zu chauffieren und auch wieder zurückzubringen. Sein Fahrstil zeichnete sich vor allem durch rasante Kurvenlagen aus, was allerdings auch daran gelegen ha­ben mag, dass der Mossie, vor allem das 60er-Jahre-Modell, über eine ausge­sprochen weiche Federung verfügte, und war wohl auch dem schlechten Stra­ßenzustand in der südlichen Börde geschuldet. Jedenfalls hatte Willi stets gute Laune und sorgte damit dafür, dass die erwähnten Familienfressfeste für uns Kinder einigermaßen erträglich blieben. Es wurde kolportiert, er heize seinen Wagen in Frostzeiten mittels Unterschiebens eines mit heißer Asche gefüllten Backblechs an. Onkel Willi war also ein fröhlicher, risikofreudiger Klein­unternehmer.
Willi, der Skilehrer, ist dicke über die sechzig, dabei aber, wie es sich für einen oberbayerischen Skilehrer gehört, braungebrannt, wettergegerbt und fit wie drei Paar Turnschuhe. Wir haben uns gleich ganz gut verstanden, er brauchte bei mir ja auch nicht bei Null anzufangen. In den knapp zwei Stunden arbeiteten wir vorwiegend an meiner Körper- und Blickhaltung, an der Bein­stellung, vor allem dem Kniebeugewinkel, und an der Armstreckung beim Vor­trieb. Es waren eigentlich nur Kleinigkeiten. Willi verstand es jedenfalls, mir das zu suggerieren, zum einen verbal, zum anderen, in dem er mich nicht all zu weit abzuhängen versuchte. An den Anstiegen, die hier wahrlich nicht ex­trem sind, musste aber auch er japsen.
Nebenbei erzählte mir Willi, dass er mit Leib und Seele Bergläufer sei, bei passendem Wetter fast täglich den Wendelstein hinauf laufe (ca. 1000 Hm) und freute sich diebisch darüber, dass er bergab, aufgrund seiner Orts- und Wegekenntnisse sogar die Mountainbiker abhänge. Sehr verschmitzt schaute er drein, als er davon erzählte, sich vor Jahren in Skikursen intensiver um die Frauen von Siemens-Führungspersonal gekümmert zu haben. Da die Männer hätten arbeiten müssen, hätten es sich die Frauen halt mit der Skischule gut gehen lassen.
Nach ca. einer Stunde Training schien Willi schon etwas ratlos, was er denn noch mit mir anstellen sollte. Also wiederholten wir die Übungen, solange bis die zwei Stunden um waren. Dabei berichtete er nicht ohne Stolz von einem Zehnkämpfer, dem er mal innerhalb von drei Stunden das Langlaufen (klas­sisch!) beibringen sollte, was ihm nach eigener Aussage auch gelungen sei (was Wunder!). Der Zehnkämpfer habe aber nach den drei Stunden gestan­den, noch nie so fertig gewesen zu sein. Meinen Einwand, dass die maximale Wettkampfdistanz für Zehnkämpfer 1500 m seien, ließ Willi nicht gelten, schließlich seien diese ja schlechthin professionell durchtrainiert.
Nach anderthalb Stunden brannten auch mir die Oberschenkel, zumal die Skatingloipen durch den seit gestern Abend beständig fallenden Neuschnee trotz Präparierung durch die Pistenwalze nicht gerade super gleitfähig waren. Das ursprünglich verabredete gemeinsame Foto haben wir dann vor lauter Geplauder doch vergessen. Gelernt habe ich einiges, das Wichtigste zum Schluss: Man trägt seine Ski mit den Spitzen nach vorn. Wer sie mit den Enden nach vorn trägt, outet sich als Flachländer. Danke Willi.

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