Donnerstag, 21. März 2013

Die Räuber


Je länger die so genannte Finanz- und Schuldenkrise dauert und je mehr man über deren Ursachen erfährt, desto zwingender scheint mir die Einsicht, dass wir in einem umfassenden System organisierten und staatlich sanktionierten Raubs leben. Die Art und Weise des politischen Umgangs mit den Krisenerscheinungen und die dabei glücklicherweise zu Trage tretenden Details der Funktionseigenheiten unseres ökono­mischen und politischen Systems wie auch einige andere Ereignisse der jünge­ren Vergangenheit haben zur Offenlegung seines intrinsischen Charakters geführt: Es ist ein System der sich selbst verstärkenden Umverteilung von Geldvermögen, Frei­heitsoptionen und Zukunftsperspektiven von den 90% Unvermögenden zu den 10% Vermögenden, und es basiert auf Raub und Erpressung.
Über die Finanzinstitute und deren Rolle ist wohl genug gesagt wor­den, auch über Managergehälter, Abfindungen und Boni in den obers­ten Unternehmensetagen. Zurecht wird m.E. angezweifelt, dass die horrenden Sum­men, die dort z.T. gezahlt werden, in irgendeinem Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen, jedenfalls dann nicht, wenn unter Leistung rechtschaffene Arbeit verstanden wird. Aus Sicht der Ma­nager selbst scheint es kein Problem zu geben, denn man fühlt sich ja dem Prinzip des Shareholder Value verpflichtet. Zusammen mit der Doktrin vom rational han­delnden und nur den eigenen Nutzen verfolgenden Homo Oecono­micus ergibt sich so die volks- und betriebswirtschaftliche Rechtfertigung der Selbst­bereicherung.
Das aber ist nur der öffentlich sichtbare und kleinere Teil des finanziellen Raubzuges. Das aktuelle Beispiel Zypern zeigt, wie vorher schon die Fälle Irland und Island, die Funktionsweise des Systems. Da haben sich also Banken verspekuliert, d.h. sie ha­ben irgendwo Geld investiert und einen Teil davon verloren. Und nun sollen die Bank­kunden dafür bluten. Ein solcher Vorgang wird gemeinhin Enteignung genannt. Nur nebenbei, man stelle sich vor, das würde hierzulande passieren, vorrevolutio­näre Zu­stände wären wohl nicht ausgeschlossen. Entscheidend aber ist: Das verspe­kulierte Geld ist ja nicht verschwunden, es wurde schlicht umverteilt. Irgendje­mand hat den zyprischen Banken die verlustbringenden Schrottpapiere schließlich verkauft, und wie der 2008er Fall Lehman exemplarisch zeigt, geschah dies wohl in Kenntnis und unter bewusster Missachtung der möglichen Konsequenzen. Dies als Raub zu be­zeichnen, scheint mir keineswegs übertrieben. (Daran ändert auch der Sachverhalt nichts, dass es im Fall Zypern vorwiegend um griechische Staatsanleihen geht. Die Ursache wird lediglich nach Griechenland verlagert.)
Es ist aber nicht nur der Raub an finanziellem Vermögen, dem wir als Angehörige der 90% ausgesetzt sind. Daneben findet auch eine Freiheitsberaubung durch globale Mono- und Oligopole statt. Aktuell ist der Fall Amazon. We­gen des Leiharbeiterskan­dals scheint es aus meiner Sicht geboten, Amazon zu boykottieren, so wie ich bspw. selig Schlecker boykottierte und Lidl immer noch boykottiere. Anders als die ge­nannten Handelsketten hat aber Amazon inzwischen eine solche Markt­macht erreicht, dass ein Boykott ohne spürbare Einbußen an Auswahl, Einkaufs­komfort und auch Preis­vorteilen kaum möglich ist. Bei digitaler Musik kann man noch auf Apples iTunes Store ausweichen, verbunden allerdings mit Unbequemlich­keiten durch das von App­le verwendete AAC-Format. Bei Büchern wird es schon schwieriger, denn selbst der Marktführer Thalia hat keinen vergleichbaren Bestand an verfügbaren Ti­teln. Wenn man, wie ich, auch gerne mal einen älteren Suhrkamp- oder Reclam-Titel sucht, be­kommt man außerhalb des Amazon-Universums Probleme. Nun ist Be­quemlichkeit sicher keine Rechtfertigung dafür, ein Unternehmen nicht zu boykottie­ren, das Bei­spiel Amazon zeigt jedoch, wie problematisch es wird, sobald ein Unter­nehmen eine solche globale Vormachtstellung erreicht hat. Nicht wesentlich anders ist die Situati­on ja bei der Stromversorgung, bei Erdöl und Erdgas oder im Einzelhandel.
Deutlich wird, dass wir eben in einer Angebotsökonomie leben, in der nicht die Kon­sumentennachfrage bestimmt, was gebraucht und deshalb produziert wird, son­dern umgekehrt einige wenige marktbeherrschende Unternehmen faktisch diktieren, was wir zu konsumieren haben. Und das ist m.E. ein Fall von Freiheitsberaubung und Nö­tigung, denn es nimmt uns die Freiheit der Wahl und nötigt uns, Dinge zu konsumier­en, die wir nicht konsumieren wollen. Hat etwa eine allein erziehende Mutter auf Stütze die Freiheit, sich und ihrem Kind die Nahrungsmittel zu beschaffen, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt? Sie sieht sich genötigt, das Billigste in den Einkaufswagen zu legen und zwar von dem, was überhaupt angeboten wird. Dass die marktbeherrschenden Unternehmen dabei auch ihre Zulieferer nötigen - erinnert sei u.a. an die Milchpreisdebatte oder den Fall Foxconn - ist da nur plausibel.
Mit dem Raub an Vermögen und dem Raub an Wahlfreiheit einher geht der Raub an Zukunftsperspektiven - dieser ist gewissermaßen die unmittelbare Folge jener. Die lau­fende Umverteilung von Vermögenswerten als Folge der grassierenden Staatsver­schuldung führt zu einer schleichenden Enteignung der Staaten, die diese zuneh­mend handlungsunfähig macht, wie u.a. die permanenten Haushaltsquerelen im US-Kon­gress belegen, aber auch der Investitionsstau in Deutschlands Infrastruktur und, ganz ex­trem, die faktische Bevormundung der Euro-Krisenstaaten durch Eurogruppe und IWF. Ein handlungsunfähiger Staat aber kann keine Zukunft gestalten, er kann ledig­lich eine stagnierende, tendenziell zerfallende Gesellschaft verwalten, in der die Auf­gaben staatlicher, der Neutralität verpflichteter Institutionen Schritt für Schritt von privaten, eigene Interessen verfolgenden Unternehmen oder mafiösen Organisatio­nen übernommen werden. Failed State wird das genannt, und gemeint sind damit Länder wie Somalia, Sudan, Kongo usw. usf. Mich jedenfalls beschleicht bisweilen ein flaues Gefühl, wenn im öffentlichen Nahverkehr statt der Polizei private Si­cherheitsdienste patrouillieren oder wenn ich bspw. lese, dass in Hessen ein teilprivatisiertes Gefängnis steht.
Auch die Freiheitsberaubung durch globalisierte Monopolisten ist im Ergebnis Raub an Zukunftsoptionen. Wenn Staaten faktisch machtlos sind gegen global agierende Mineralölkonzerne, Rohstoffproduzenten, Energielieferanten, Handelsketten, IT-Konzerne, Telekommunikations- und Internetunternehmen, Logistikkonzerne, Phar­maunternehmen und nicht zuletzt Banken und Versicherungen, dann bestimmen die­se die Zukunft und nicht die von uns demokratisch gewählten Parlamente und Regie­rungen. Natürlich haben Attac, Weltsozialforum, Greenpeace, Transparency Inter­national, Occupy und andere dies längst und viel kompetenter thematisiert als ich hier mit meinen laienhaften Ausführungen. Aber, wie man wohl bemerkt ha­ben dürfte, verfolgen meine Blogs auch den Zweck, meine eigene Mei­nungsbildung zu befördern.
Es stellt sich die Frage, was zu tun wäre, um diesen drei parallel und verschränkt ab­laufenden Raubzügen ein Ende zu bereiten. Mir scheint, wirkliche Alternativen sind im existierenden globalisiert kapitalistischen System nicht verfügbar, was im Endeffekt ja Marga­ret Thatcher und ihr TINA-Prinzip bestätigen würde. Nach meinem Verständnis beruht dieses System auf dem Kreditwesen, und es wird in immer stärkerem Maße von ihm beherrscht. Schließlich war es das Geschäft mit Schuldverschreibungen, das in seiner spekulativen Version die seit 2008 andauernde Finanz- und Bankenkrise verursacht hat. 
Der Kredit, das Schuldenmachen stand Pate, als der Kapitalismus seine Karriere als interkontinentale Räuberaktion begann. Ohne eine Vorfinanzierung wären die Expedi­tionen der ersten Kolonialmächte Spanien, Portugal und Niederlande gar nicht mög­lich gewesen. Später kam die Vorfinanzierung von Handelsgeschäften auf den Koloni­alrouten zwischen Europa, Asien, Amerika und Afrika hinzu. Die anschließen­de In­dustrialisierung auf der Grundlage von Kohle, Stahl und Elektrizität war zu­nächst ebenso schuldenfinanziert. Überhaupt hätten all diese technischen und damit auch ökonomischen Revolutionen bis hin zur aktuellen IT-Revolution ohne Vorfinanzier­ung (Venture Capital) der Ideenumsetzung wohl nicht oder jedenfalls anders stattge­funden.
So ein Kreditkontrakt ist augenscheinlich ein Geldgeschäft, er konstituiert jedoch auch einen Rechtstitel und bindet beide Seiten an diesen. Er nötigt sie gewisser­maßen ge­richtsnotorisch, alles Erforderliche für die Erfüllung des Kontraktes zu tun. Der Schuldner will seine Verbindlichkeit zurück zahlen, um kein Eigentum an den Gläu­biger zu verlieren. Der Gläubiger wiederum will sein Geld zurück erhalten und dies verzinst, ihm kann also nicht daran gelegen sein, dass das Vorhaben des Schuldners, für das dieser den Kreditkontrakt eingegangen ist, misslingt. Was sollte er mit dessen verpfändeten Ei­gentum? Er könnte es lediglich verkaufen und machte dabei womög­lich Verlust. Der Gläubiger will Gewinn in Höhe des Kreditzinses machen, den er nur reali­sieren kann, wenn der Schuldner erfolgreich ist. Der Schuldner aber, sofern er Unternehmer ist, will ebenfalls Ge­winn machen und zwar nach Rückzahlung des Kreditbetrags nebst Zinsen. Sein Ge­schäft, für das er die Vorfinanzierung benötigt, muss also einen höheren Gewinn ab­werfen, als der Zinsbetrag ausmacht. Es ist diese gegenseitige Abhängigkeit von Gläu­biger und Schuldner, die die für den Kapitalismus charakteristische Wachstums­dynamik erzeugt, die es in den Ökonomien davor nicht gab und die früher oder später zu Überproduktions- oder Spekulationskrisen führt.
Da Gläubiger und Schuldner ein gemeinsames Interesse haben, schaffen sie auch ge­meinsam die passenden Umgebungsbedingungen, die dieses Geschäftsmodell erst ermöglichen, will sagen, sie schaffen die ökonomischen, sozialen, politischen, kultu­rellen und vor allem juristischen Verhältnisse und Regelwerke, in und nach denen unsere Gesellschaften funktionieren.
Nun könnte man aus meinen Ausführungen schließen, dass der Kredit als Rechtskon­strukt abgeschafft gehöre. Das wäre sicher nicht abwegig, nur möchte ich so weit gar nicht gehen. Ich glaube, es würde ausreichen, reine Geldgeschäfte zu verunmögli­chen, also Geschäfte, bei denen ausschließlich finanzielle Transaktionen getätigt wer­den, ohne dass dabei materielle oder ideelle Güter den Eigentümer wechseln. Zu sol­chen Geschäften gehören u.a.
  • Handel mit Schuldverschreibungen aller Art,
  • Derivatehandel,
  • Leerverkäufe von Wertpapieren,
  • Kreditaufnahme zur Finanzierung von Wertpapierkäufen,
  • Handel mit Devisen ohne nachweisliche Zweckbestimmung
und zusätzlich
  • Termingeschäfte auf Energie, Rohstoffe und Nahrungsmittel.
Man könnte auch sagen, dass mindestens die Geschäfte verboten wer­den sollten, bei denen Anrechte auf in der Zukunft erwartete Werte oder Wertände­rungen gehandelt werden.
Wie sähe wohl eine Welt ohne solcherart Finanzgeschäfte aus? Wir haben uns daran gewöhnt, für unser zur Bank getragenes Geld von dieser Zinsen zu erhalten (ausge­nommen Girokon­ten). Im einfachsten Fall erwirtschaftet die Bank diese Zinsen, in­dem sie mit den Einlagen ihrer Kunden Geschäfte, Kreditgeschäfte tätigt. Angenom­men sie könne bzw. dürfe dies nicht mehr, dann gäb´s auch keine Zinsen. Anderer­seits ent­stünden der Bank ja immer noch Kosten dadurch, dass sie die Einlagen ihrer Kunden ver­waltet, und diese Kosten müssten die Kunden bezahlen. Ergo bliebe uns Kunden nur noch das gebührenpflichtige Girokonto, Sparen würde sich nicht lohnen, und die Bank wäre nichts weiter als ein Geldverwahrungsdienstleister, der sich lediglich um Kontobewegungen, Kontoauszüge, EC-Karten, Geldauto­maten, usw. kümmerte. Diese Vorstellung wäre, wie ich meine, für 90% der Bankkun­den we­nig bedrohlich.
Was aber, sollte in einem solchen System jemand - Bürger, Unternehmen oder Staat - dringend Geld benötigen? Die Bank könnte dann durchaus einen Kredit vergeben, al­lerdings ohne Zinsaufschlag und gegen Gebühr. Die Kreditsumme müsste aus den Einlagen der Bankkunden bedient, in ihrer Höhe sehr eingeschränkt und mit sehr, sehr strengen Auflagen verbunden werden. Damit würde faktisch nicht mehr die Bank als Institution den Kredit vergeben, sondern dies täte die Gemeinschaft der Bankkunden. Es liefe also auf ein genossenschaftliches Bankmodell auf Gegenseitig­keit hinaus - die Bankkunden wären die Eigentümer der Bank. Bei diesem Modell be­stünde der Nut­zen für den Einzelnen darin, qua seiner Miteigentümerschaft ein An­recht auf Kredit von den anderen Miteigentümern  - vermittelt durch die Institution Bank - zu haben. 
Statt sein Geld zur Bank zu tragen, könnte man es auch einem Unternehmer in die Hand drücken in der Hoffnung, dass dieser mit dem Geld etwas Verkäufliches produ­ziert und so einen Gewinn erzielt, an dem man künftig gemäß seiner Einlage be­teiligt würde. Da Banken in unserem Modell ja keine Aktiengeschäfte tätigen dürften, müsste diese Beteili­gung direkt erfolgen, der Aktionär wäre somit wirklicher Anteilseigner am Unterneh­men, ohne dass sich irgendwelche Investmentbanker oder Fondsmanager dazwischen schöben und, wie heute, auf Grund ihrer Kapitalkraft die unternehmerischen Ent­scheidungen beeinflussen könnten. Auch dieses Modell erinnert eher an eine Genos­senschaft oder auch eine Kommanditgesellschaft.
Für den Staat wären die Folgen eines solchen finanztransaktionsarmen Wirtschafts­modells womöglich gravierend, jedenfalls wenn man die jetzigen Verschuldungszustände zu Grunde legt. Er dürfte sich dann ausschließlich aus Steuern und zweckgebundenen Abgaben der Bürger und Unternehmen finanzieren. Andererseits, wie an anderer Stelle ange­merkt, scheint dies eh politisches Bestreben der Kanzlerin zu sein, so dass die Frage der Staatsfinanzierung hier getrost außer Acht gelassen werden kann.
Der heikelste Aspekt in diesem hypothetischen Konstrukt ist wohl die Geldschöpfung. Unser Geld ist Schuldengeld, d.h. im existierenden Wirtschafts- und Finanzsystem entsteht Geld ausschließlich im Kreditkontrakt. Es wird geschaffen, in dem Ban­ken bei der Zentralbank (z.B. bei der EZB) Schuldverschreibungen ihrer Kunden oder Ge­schäftspartner hinterlegen und dafür von der Zentralbank Geld gutge­schrieben be­kommen (natürlichen gegen Zinsen). Zitat Bundesbank: „Wenn eine Geschäftsbank Bedarf an Bargeld hat, nimmt sie bei der Zentralbank einen Kre­dit auf. Die Zentral­bank prüft, ob die Voraussetzungen für eine Kreditvergabe erfüllt sind. Ist dies der Fall, schreibt die Zentralbank der Geschäftsbank den aufgenomme­nen Betrag auf dem Konto der Geschäftsbank bei der Zentralbank als Sichteinlage gut. Die Zentral­bank gewährt nur dann Kredit, wenn die Geschäftsbank den Kredit durch Hinterle­gung von Pfändern besichert. Ganz allgemein handelt es sich bei solch einem Vor­gang – Kreditgewährung und entsprechende Gutschrift als Sichteinlage auf einem Konto – um die Schöpfung von Buch- oder Giralgeld.“ Würde dieses Geldschöpfungsv­erfahren noch funktionieren, wenn Banken keine der o.g. Finanz­transaktionen mehr ausführen dürften? Im Prinzip schon, nur würde auf diesem Wege kaum neues Geld geschaffen, denn das Ausstellen von Schuldverschreibungen wäre mangels Zins und wegen der anderen Restriktionen der Bankgeschäfte kein im landläufi­gen Sinne einträgliches Geschäftsmodell.
Als Alternative zum jetzigen Schuldengeld wird seit vielen Jahren das umlaufgesicherte Geld (auch Schwundgeld genannt) diskutiert. Nach diesem Kon­zept soll Geld auf seine Rolle als Verrechnungs- und Zah­lungsmittel reduziert und, ganz in unserem Sinne, nicht mehr zur Wertaufbewahrung (Vermögensanhäufung) dienen. Dies soll dadurch erreicht werden, dass der Wert nicht zirkulierenden Geldes zeitabhängig stetig abnimmt, in dem z.B. eine Art Vermögenssteuer auf nicht zirku­lierendes Geld erhoben würde. Man muss nicht betonen, dass die große Mehrheit der Volkswirtschaftler das Schwundgeldkonzept für Unfug hält. Theoretisch reizvoll ist es jedoch, weil seine Umsetzung automatisch das Verschwinden der o.g. Finanzgeschäfte bewir­ken würde.
Nun ja, das alles ist natürlich rein hypothetisch. Eine völlig andere Welt wäre schließlich die Fol­ge der praktischen Umsetzung eines solchen Modells, eine Welt, in der Geld als Anreiz keine Bedeutung hätte und die heutige Angebots- durch eine Nachfrageökonomie ersetzt würde. Und so betonen denn auch die Kritiker, dass im Ergebnis eine innovationsfreie Mangelwirtschaft des Stillstands entstünde, vergleich­bar der des Mittelalters oder der real-sozialistischen. Und wer will das schon ernst­haft? 

Bei der Bewertung dieses und des anderen, des existierenden Wirtschaftsmodells scheint mir  noch ein weiterer Aspekt bedenkenswert: Wenn man für Geld eigentlich alles bekommen und in unserem Schuldengeldsystem faktisch unbegrenzt Geld schaffen kann, erübrigen sich Kriege aus ökonomischen Gründen. Außerdem hat deren Rolle ja inzwischen der systemimmanente globale Raub übernommen.

Mittwoch, 20. März 2013

Russland Bashing


In der Diskussion um die aktuelle Zypernkrise passiert m.E. etwas sehr obszönes. Wenn es darum geht, wer denn und wie den zyprischen Banken, die sich wohl, wie so viele europäische Geldhäuser verspekuliert haben, und dem für sie bürgenden zyprischen Staat aus der Klemme helfen soll, kommt immer wieder die Rede auf die russischen Anleger. Dann werden, wie gerade heute Abend bei Anne Will, die russischen Oligarchen ins Feld geführt, und zwar nicht nur von Edmund Stoiber, von dem man dies erwarten könnte, sondern auch und recht vehement vom grünen Spitzenkandidaten Jürgen Trittin. Hier wird suggeriert, der russische Oligarch als solcher, wer immer das auch sein mag, habe sein Vermögen auf unrechtmäßige Weise erworben und deshalb Zypern als Standort für seine Kapitalanlage gewählt. Denn Zypern habe ja, zumindest in der in Deutschland grassierenden Denke, ein semikriminelles Geschäftsmodell, in dem es Kapitalanlegern, egal woher sie kommen, günstige Anlagebedingungen gewährt habe.
Gerade, wenn man letzteres vernimmt, sollte man stutzig werden. Wie man weiß, werden, wenn irgendwo auf diesem Globus ein unliebsamer Despot ausfindig gemacht wird, im Konfliktfall seine Konten eingefroren. Nur befinden sich diese Konten m.W.n. nie auf Zypern, sondern i.d.R. in den USA oder Großbritannien. Was also soll dieses Insistieren auf den russischen Oligarchen? Und was geht es die Euro-Gruppe an, auf welchen Wegen russische Milliardäre ihre Milliarden erworben haben? Schert sich irgend jemand um die finanziellen Engagements von Roman Abramowitsch bei Chelsea oder Gazprom bei Schalke?
Nicht dass ich eine irgendwie geartete emotionale Beziehung zu russischen Oligarchen hätte, doch wegen meiner ganz persönlichen Vergangenheit habe ich ein emotionales Verhältnis zu Russland und den Russen, und insofern finde ich diese Art von Russland Bashing einfach nur schäbig.

Die kommende Gemeinschaft. Teil 4

Kommunitarismus: Die Ethik der Gemeinschaft Allein sein bedeutet, Mitglied einer großen Gemeinschaft zu sein, die gerade deshalb eine ist, ...