Donnerstag, 22. Dezember 2011

500 Mrd. für Banken


Das soll nun einer verstehen: Die Euro-Gruppe beschließt die Erhöhung der Eigen­kapitalquote der Euro-Banken auf 9%. Die EZB vergibt seit gestern zinsgünstige Kredite in Höhe von knapp 500 Mrd. Euro mit einer Laufzeit von bis zu 3 Jahren an die selben Banken, um den Kreditfluss zwischen den Banken zu stützen. Passt ir­gendwie nicht zusammen, oder? Versuchen wir das mal aufzudröseln.

Erhöhung der Eigenkapitalquote bei etwa gleichbleibendem Geschäftsvolumen (Bilanzsumme) senkt die Eigenkapitalrendite einer Bank. Die Eigenkapitalrendite ist aber der Indikator, an dem Bankmanager gemessen werden. Stichwort Boni. Man denke an die alljährlichen Ankündigungen von Josef Ackermann zur angestrebten Eigenkapital­rendite der Deutschen Bank. Die derzeit beste und auch gängige Methode zur Er­zielung einer hohen Eigenkapitalrendite ist die Verwendung von möglichst viel Fremdkapital, das heißt faktisch, Investitionen oder Kredite vorwiegend fremd zu finanzieren, also Kredite von anderen Banken oder Kapital von Investoren aufzunehmen. Die Forderung nach Erhöhung der Eigenkapitalquote hat wohl zu einem Stocken dieses Kapitalflusses zwischen den Banken geführt, weil Bankmanager kein wirkliches In­teresse daran haben, Kredite an andere Banken zu vergeben, die ggf. nicht in der Lage sind, diese Kredite hinreichend gewinnbringend einzusetzen.
Man ist geneigt zu vermuten, dass hinter all diesen Geschäftsmodellen der Banken ein System steckt, das man fast als Verschwörung ansehen könnte. Das hat bei den Immobilienkrediten funktioniert, die dann zur Subprime-Krise von 2008 ge­führt haben, und scheint nun bei der Staatsfinanzierung ähnlich abzulaufen. Es werden Kredite in der Erwartung der Kreditnehmer vergeben, dass der Wert des Finanzierungsgegenstandes steigt oder wenigstens stabil bleibt. Bei Erreichung ei­nes hinreichend großen Gesamtfinanzierungsvolumens wird der Gegentrend einge­leitet: Die Bewertung des Finanzierungsgegenstandes wird gesenkt. Im Fall der Hausfinanzierung macht das der, wiederum bankenbeherrschte Immobilienmarkt, bei der Staatsfinanzierung übernehmen die Ratingagenturen die Umbewertung. Dadurch steigen die Zinsen der Kreditnehmer bei Umschuldung, von Tilgung ist ja eh nicht die Rede, und die Gläubiger streichen Extraprofite ein oder, wie im Falle der Immobilienfinanzierung, werden durch Liquidierung Eigentümer des Finanzie­rungsgegenstandes. Man hat es also mit einem Umverteilungsszenario zu tun, bei dem die Rating- und sonstigen Bewertungsagenturen eine beträchtliche Rolle spielen. Dass dabei diese oder jene Bank auf der Strecke bleibt, wird von den Konkurrenten billigend in Kauf genommen, allerdings nicht von den Kredit neh­menden Staaten, die auf ihre liquiden Gläubiger angewiesen sind. Diese machen sich die Abhängigkeit zu Nutze, indem sie mit Unterstützung der Ratingagenturen die Zinsen step by step erhöhen und, im Falle, dass die Schuldner ernst machen – siehe Eigenkapitalquote oder Schuldenabbau – in den Kreditstreik treten, von dem dann die so genannte Realwirtschaft betroffen ist.
Es ist ein System, dass sich auf diese Weise immer weiter hochschaukelt. Offenbar ist Staatsfinanzierung gegenwärtig das lukrativste Geschäft. Anders ist der Auf­stand der Banken nicht zu deuten. Außerdem müssen den 500 Mrd. Euro der EZB ja Schulden in entsprechender Höhe gegenüber stehen. Statt Schuldenabbau also weitere Erhöhung der Verbindlichkeiten. So lange diese zwischen den Banken verbleiben, ist das wohl unkritisch. Doch Banken wollen und müssen mit dem Geld gewinnbringende Geschäfte tätigen, die - so die heutigen Agenturmeldungen - auch die 2012 anstehende Refinanzierung von Staatsschulden in der Euro-Zone umfassen.
Alles bleibt also wie gehabt. Keine Änderung der Geschäftsmodelle, kein Schul­denabbau. Statt dessen wächst die Kreditblase weiter. 

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