Zum Putschversuch gegen Erdogan
Zuweilen
lohnt ein Blick in die Geschichte.
Am
1. Dezember des Jahres 1934 erschoß ein gewisser Leonid Nikolajew im
Smolny, dem Sitz der Leningrader Organisation der Kommunistischen
Partei, deren Chef Sergej
Kirow.
Kirow war Mitglied des Politbüros und galt als strammer Hardliner
und Stalinist, auch wenn es diesen Ausdruck seinerzeit noch gar nicht
gab.
Stalin
nahm den Mord an Kirow, dessen Hintergründe bis heute ungeklärt
sind, zum Anlass, eine Jahre andauernde umfassende Säuberung des
Partei- und Staatsapparates, der Wirtschaft, der Kultur und der
Wissenschaft sowie der Militärführung einzuleiten, die als der
Große
Terror
in die Geschichte eingehen und an deren Ende Stalin als
uneingeschränkter Herrscher über Partei und Sowjetvolk dastehen
sollte.
Am
bekanntesten dürften wohl die drei großen Moskauer
Schauprozesse
von 1936, 1937 und 1938 sein, in denen eine beachtliche Zahl von
Angehörigen der sowjetischen Elite ihre Teilnahme an angeblichen
trotzkistischen oder rechtsabweichlerischen Verschwörungen zugab und
dafür zum Tode durch Erschießen verurteilt wurde. Dazu gehörten
neben politischen Leitfiguren wie Kamenjew, Sinowjew, Radek und
Bucharin auch Mitexekutoren des stalinschen Terrors. Daneben wurden
im ganzen Land weniger bekannte Funktionäre abgeurteilt und
umgebracht oder der GULAG überantwortet. Das alles geschah nicht im
Verborgenen sondern in größtmöglicher Öffentlichkeit unter den
Augen ausländischer Beobachter, wie Lion Feuchtwanger, und begleitet
von organisierten Massendemonstrationen, bei denen der Tod der
„Schädlinge“ gefordert wurde.
Leo
Trotzki, der der ideologischen Urheberschaft zu diesen vermeintlichen
Verschwörungen gegen das Sowjetvolk und die legitime Herrschaft der
Partei bezichtigt wurde, war 1934 längst im Exil, und zwar von
1929-1933 in der Türkei des Kemal Atatürk und später bekanntlich
in Mexiko, wo er 1940 ermordet wurde.
1937
wurde die Rote Armee „enthauptet“. Ca. 80 % der obersten
Führungsebene wurden des Hochverrats bezichtigt und hingerichtet,
darunter auch Tuchatschewski, der im wenig bekannten
Sowjetisch-Polnischen Krieg 1920/21 dem darob in Polen bis heute hoch
verehrten Marschall Pilsudski unterlegen war. Vier Jahre später
sollte diese „Enthauptung“ hunderttausende Rotarmisten das Leben
kosten.
Zuweilen
lohnt ein Blick in die Geschichte, denn, um Karl Marx zu zitieren,
ereignet sie sich „das
eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“
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