Von
seiner wahlkämpferischen Kommandohöhe hat
Generalbundeskavallerieinspekteur Steinbrück in unnachahmlicher
Manier wieder einmal verbal zugeschlagen. Auf einer
Wahlkampfveranstaltung betitelte er die beiden italienischen
Politdarsteller Beppe Grillo und Silvio Berlusconi als Clowns.
Daraufhin sagte Italiens Staatspräsident Napolitano, selbst
Sozialdemokrat und ehedem gar Kommunist, ein geplantes Treffen
mit Steinbrück kurzerhand ab. Im heutigen Deutschlandfunkkommentar
meinte der von mir sehr geschätzte Rainer Burchardt, bis 2006
Chefredakteur dieses Senders, dass, obwohl Steinbrücks Einlassung
sicher keine politische Glanzleistung gewesen sei, Napolitano so
nicht hätte reagieren müssen. Die deutsch-italienische
atmosphärische Störung hätte wohl auch bei dem geplanten Essen
ausgeräumt werden können. Und überhaupt wären ja wohl politischer
Klartext und gelegentliches Schienbeintreten á la Steinbrück
um Einiges besser als die permanenten Verwandlungskunststücke
unserer Kanzlerin.
Ich
weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber mir ist irgendwie unwohl bei
dem Gedanken, diesen Vorfall einfach auf sich beruhen zu lassen und
mit ein paar freundlichen Worten der Art „nicht so gemeint“
abzutun. Mir kam nämlich spontan Folgendes in den Sinn: 2003
anempfahl Silvio Berlusconi dem sozialdemokratischen
Europa-Abgeordneten Martin Schulz, inzwischen ja Präsident des
EU-Parlaments, im Rahmen einer scharf geführten Debatte in selbigem
EU-Parlament, die Rolle des Kapo in einem italienischen KZ-Film zu
übernehmen. 1999 bereits erhielt der italienische Regisseur und
Schauspieler Roberto Benigni einen Oscar für seinen Film La
vita è bella (dt.
Das Leben ist schön), in dem er einen Mann spielt, der auf sehr
clowneske Art versucht, seinem Sohn das Überleben im KZ
(Bergen-Belsen) erträglich zu machen. Für mich fügt sich hier
etwas zusammen.
Klare
Kante hin oder her, aber auch 68 Jahre nach Ende des Krieges gibt es
Be- und Empfindlichkeiten, die man nicht unbedingt herausfordern
muss. Kann schon sein, dass ich völlig daneben liege mit meinen
Assoziationen und Giorgio Napolitano an so etwas überhaupt keinen
Gedanken verschwendet hat. Das ändert aber nichts an der generellen
Tatsachenfeststellung, dass unsere Politikerkaste, gleich welcher
Farbschattierung, sich mittlerweile, und das wiederum scheint mir
eher ein Nach-Schröder/Fischer- und somit ein Generationen-Phänomen
zu sein, durch einen hohen Grad an Geschichtsvergessenheit,
kultureller Ignoranz und Empathielosigkeit auszeichnet, womit sie
i.Ü. bestens zur Mehrheit der Bürger passt, die sie repräsentieren
soll.
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