Freitag, 21. Oktober 2011

EU-Präsident Barroso ruft Banken zur Erhöhung der Eigenkapitalquote auf

EU-Präsident Jose Manuel Barroso rief heute die Banken der Euro-Zone dazu auf, ihre Eigenkapitalquote zu erhöhen. Sie sollten sich dazu private Kapitalgeber suchen oder schlimmstenfalls auf den Eurorettungsschirm EFSF zurückgreifen. Nun bin ich beileibe kein Betriebs- oder Finanzwirtschaftler, aber mir erscheint dieser Vorschlag gelinde gesagt naiv. 

Die Eigenkapitalquote ist der Quotient aus Eigenkapital und Bilanzsumme eines Unternehmens. Eigenkapital wiederum ist der Anteil an der Bilanzsumme, der nach Abzug aller Verbindlichkeiten (Schulden) übrig bleibt. Da Barroso keine Reduzierung der Verbindlichkeiten empfiehlt, was er auch nicht kann, da dies wohl dem Lehmanszenario entspräche, geht er wohl davon aus, dass entweder private Geldgeber liquide Mittel in die Banken stecken oder letztere beim EFSF um Liquidät betteln, die sie dann nicht in ihre Geschäfte stecken, sondern als Barreserve in ihre Bücher schreiben. Als Laie schaue ich mir die beiden Szenarien mal genauer an.

So eine Bankenbilanz ist doch einigermaßen kompliziert, wenn man die Begriffe und Zusammenhänge nicht an der Uni gelernt hat. Aber wozu gibt’s Wikipedia? Eigenkapital setzt sich demnach lt. Handelsgesetzbuch zusammen aus
  • gezeichnetem Kapital, 
  • Kapitalrücklage, 
  • Gewinnrücklagen,
  • Gewinnvortrag/Verlustvortrag, 
  • Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag. 
Erstes Szenario. Barrosos Denken wird sich sicher in europäischen Dimensionen bewegen und nicht in den Niederungen des deutschen Handels- und Steuerrechts, also können wir davon ausgehen, dass er keine Gewinn- oder Verlustvorträge im Visier hat. Da Barroso auch nicht von Reduzierung der Dividendenausschüttung gesprochen hat, die zu einer Erhöhung der Rücklagen genutzt werden könnte, meint er wohl die Erhöhung des Anteils an gezeichnetem Kapital, sprich Aktien. Private Investoren sollen Bankaktien kaufen. Das läuft auf eine Kapitalerhöhung hinaus. Wenn sich sonst nichts tut, steigt damit zwar das Eigenkapital, aber der Wert der Verbindlichkeiten oder der Forderungen bleibt unverändert. Es sei denn, mit dem eingesammelten Geld der Aktionäre werden Geschäfte getätigt (Kredite vergeben, Schuldverschreibungen gekauft etc.. das Übliche also). Das ergibt im gegenwärtigen Zustand des Finanzmarktes aber nur dann einen Sinn, wenn mit dem zusätzlichen Eigenkapital etwaige bzw. abzusehende Bilanzverluste durch Abschreibungen auf faule Schuldverschreibungen abgepuffert werden sollen. Barroso empfiehlt den Banken damit faktisch, das gleiche Geschäft weiter zu betreiben, dass Lehman Bros. in die Pleite getrieben hat. Statt toxischer Schuldverschreibungen sollen nun toxische Aktien verhökert werden. 



 Zweites Szenario. Die Banken besorgen sich Liquidität beim EFSF. Woher hat der EFSF seine Liquidität? Soweit ich das verstanden habe, basiert das Kapital des EFSF auf Krediten, die zu günstigeren Marktkonditionen aufgenommen werden können, als die eigentlichen Kreditnehmer wie Griechenland sie am Finanzmarkt geboten bekämen. Der EFSF ist also ein Broker, der Kredite aufnimmt und weiterverkauft. Im Hinblick auf Staaten als Kreditnehmer erschließt sich das ja noch einigermaßen. Aber Banken? Würden Banken beim EFSF Liquidität zur Aufstockung ihres Eigenkapitals anfordern, liefe das entweder darauf hinaus, dass der EFSF als Broker auch am privaten Finanzmarkt auftritt, aber das würde ja gar keine Eigenkapitalerhöhung bewirken, sondern nur die Verbindlichkeiten der bettelnden Banken erhöhen, oder sich mit seinem geborgten Geld an den Banken als Aktionär beteiligt, oder aber sein geborgtes Geld einfach an die Banken verschenkt, um deren Reserve aufzustocken (siehe oben).




 Oijoijoi, Jose Manuel.

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